Mit einem so schnellen Aufstieg auf der Karriereleiter hätte er bei seinem Wechsel zu den Vienna Timberwolves vor einem Jahr wohl nicht gerechnet.
Doch nach dem Rückzug von Hubert Schmidt übernimmt Justin Schlünken nun das Amt des Head Coaches des Teams der win2day Basketball Superliga.
Der 28-jährige Deutsche, der ein leidenschaftlicher Radsportler ist, sich in seiner ersten Saison in Wien bestens integriert und mit seinem Know-How überzeugt hat, präsentiert den Timberwolves-Fans im Interview seinen Werdegang und seine Überlegungen.
Justin, herzliche Gratulation zum Head-Coach-Posten bei den Timberwolves! Auch wenn du schon ein Jahr bei den Wolves bist, kennen dich wahrscheinlich noch nicht alle Fans näher. Erzähl uns bitte von dir und deinem basketballerischen Werdegang!
Vielen Dank, ich freue mich bereits sehr auf die neue Aufgabe! Mit 16 Jahren habe ich noch bei meinem Heimatverein USC Leipzig gespielt, als mich mein ehemaliger Jugendtrainer fragte, ob ich nicht auch als Coach im Verein einsteigen wolle. Recht schnell habe ich dann gemerkt, dass mir auch die Rolle an der Seitenlinie und besonders der persönliche Umgang mit Spielern viel Spaß macht. Dank des großen Vertrauens, das der Verein in mich gesetzt hatte, schafften wir damals als erste Leipziger Mannschaft die Qualifikation zur deutschen U16-Bundesliga. Damit war ich dann auf einmal mit 20 Jahren Head Coach im Jugendleistungssport und so langsam verfestigte sich die Vorstellung davon, einmal hauptberuflich Basketballtrainer zu werden.
Diesen Schritt ermöglichten mir dann schließlich die Telekom Baskets Bonn, bei denen ich zwei Jahre als Jugendtrainer arbeiten und so die Strukturen und Abläufe von einem hochprofessionellen Basketballumfeld kennenlernen durfte. Wie aber für so viele im Sport tätige Menschen, stellte die Covid-Pandemie 2020 einen Einschnitt für mich dar und ich entschied mich, vorerst wieder mein Studium aufzunehmen. Das war am Ende auch der Grund, wieso ich nach Österreich gekommen bin. Ich startete also meinen Master in Psychologie an der Uni Graz und arbeitete nebenbei noch als Trainer im Jugendbereich.
Kurz vor Ende der Saison 2020/21 erhielt ich vom Grazer Bundesliga Head Coach Ervin Dragsic das Angebot, bei ihm als Co-Trainer einzusteigen. Da musste ich nicht lange überlegen. Der Wechsel in den Profibereich war zu diesem Zeitpunkt der logische, nächste Schritt für mich als Trainer. Nach zwei intensiven, lehrreichen, aber auch durchaus erfolgreichen und tollen Jahren in Graz, bekam ich dann das Angebot, die Assistenztrainerstelle bei den Timberwolves anzunehmen.
Wie war deine erste Timberwolves-Saison für dich, sind dir Unterschiede bzw. Parallelen zu deinen früheren Stationen aufgefallen? Du hast ja in mehreren Bereichen gearbeitet: Assistant Coach beim BSL-Team, Head Coach der MU19, Akademietrainer und Organisatorisches.
Bei den Timberwolves fällt auf, in welchem Ausmaß hier auf österreichische und im eigenen Nachwuchs ausgebildete Talente gesetzt wird. Das ist glaube ich etwas, das sehr gut zu meiner eigenen Trainerphilosophie passt, schließlich habe ich jahrelang und sehr gerne im Nachwuchsbereich gearbeitet. Die Akademie ist dafür ein super Fundament. Dass hier die Ausbildung von Spielern im Vordergrund steht, manchmal sogar gegenüber dem unmittelbaren sportlichen Erfolg, ist wahrscheinlich der größte Unterschied zu meinen bisherigen Stationen.
Dass auch das ein erfolgreicher Weg sein kann, zeigen ja zum einen die international aufspielenden Ex-Timberwolves-Spieler und -Spielerinnen, aber auch jüngst der Wechsel von Jakob Lohr zum Topteam nach Gmunden. Auf der anderen Seite bringt das aber auch Herausforderungen mit sich, wie zum Beispiel die Vereinbarkeit von Bundesliga-Basketball und einem Studium oder der Matura. Aber am Ende stehen Spieler und Trainer immer gemeinsam in der Halle, wollen hart arbeiten, ihre Ziele erreichen und möglichst erfolgreich spielen, und deshalb macht es ja auch so viel Spaß.
Das Angebot, das BSL-Team als Cheftrainer übernehmen zu können, war sicherlich eine große Chance, andererseits auch etwas, was man nicht leichtfertig annimmt. Was waren deine Überlegungen bei der Entscheidungsfindung?
Du sagst es. Im ersten Moment war ich unglaublich dankbar für die Chance. Dann drängen sich Fragen auf, die wahrscheinlich jeder Trainer und jede Trainerin irgendwann einmal beantworten muss. Was ist mein Ziel als Coach, wie komme ich dahin? Wie stark schätze ich das Team ein, welche Möglichkeiten bieten sich im Recruiting? … solche Sachen. Dazu muss man vielleicht auch sagen, dass ich mit meiner Position als BSL Assistent und MU19 Head Coach sehr glücklich war.
Aber wie du auch schon meintest, die Chance ein Bundesligateam als Head Coach zu betreuen, ist etwas Besonderes und extrem reizvoll. Nach einigen Überlegungen und Gesprächen, unter anderem auch mit Hubert Schmidt und Aldin Saracevic, die mir sehr viel Vertrauen signalisiert haben, fühlte ich mich bereit und habe mich dann dazu entschlossen die Herausforderung anzunehmen.
Die Mannschaft steht noch nicht bis ins letzte Detail, aber du hast dir sicher schon Gedanken über die Ausrichtung gemacht. Was kannst du zu den sportlichen Plänen für das Team schon verraten?
An der generellen Ausrichtung wird sich nichts verändern: Wir werden und wollen jungen Spielern Einsatzzeit und Verantwortung geben. Das, was Hubert hier in den letzten Jahren sportlich aufgebaut hat, wird weiterhin der Grundstein unserer Spielphilosophie sein. Trotzdem ist eine personelle Neuausrichtung auch immer eine Chance, neue Elemente einfließen zu lassen.
Die erste Aufgabe besteht also darin, an Bewährtes anzuknüpfen, aber mit neuen Impulsen vielleicht einen Schritt nach vorne zu machen. Was das ganz konkret heißt, kann ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht verraten, aber die Timberwolves sollen auch in der kommenden Saison intensiven und teamorientierten Basketball spielen, der Spaß macht zuzuschauen.
Danke für deine Zeit, Justin, und viel Freude und Erfolg in der kommenden Saison!
Foto: A. Pichler Kröss/Pictorial